Von Niechorze (Horst) an der Küste nach Osten
Wer Niechorze (Horst) in östlicher Richtung verlässt, merkt schnell, dass hinter Pogorzeloca (Fischerkaten), dem letzten Ort der Gmina Rewal, die Straße 104 nicht mehr direkt an der Ostsee entlangführt. Stattdessen geht es ein wenig landeinwärts durch eine nicht weniger attraktive Gegend nach Trzebiatów (Treptow an der Rega), einem hübschen Städtchen mit mittelalterlichem Charme. Von hier aus gibt es die Möglichkeit eines kleinen Abstechers ans Meer nach Mrzezyno (Deep), das sich trotz zahlreicher Touristen seine Ursprünglichkeit bewahrt hat.
Zudem ist ein kurzer Trip weiter in südlicher Richtung unbedingt lohnend. Denn von unserem Niechorze (Horst) aus sind es keine 30 Kilometer bis nach Gryfice (Greifenberg), und viele unserer Hausgäste nutzen die geringe Entfernung für einen Besichtigungstrip dorthin.
Von Trzebiatów (Treptow an der Rega) aus führt die Straße weiter in einem Bogen über Land zur Küstenstadt Kolobrzeg (Kolberg), die es schon früh besonders wegen der Salzvorkommen zu beachtlichem Wohlstand gebracht hat. Von dort aus erreicht man wiederum in einer Entfernung von wenigen Kilometern die hübschen Küsten- und Touristenorte Dzwirzyno (Kolberger Deep) und Grzybowo (Gribow).
Etwas weiter in südöstlicher Richtung schließlich liegt Koszalin (Köslin), das erst im Laufe der Jahrhunderte vom Meer abgetrennt wurde und heute ein quirliges Wirtschaftszentrum ist.
Trzebiatów (Treptow an der Rega)
Das 9.000-Einwohner-Städtchen Trzebiatów (Treptow an der Rega) kann zwar selbst nicht mit Strand und Meer aufwarten, ist aber ein unbedingt sehenswerter Ort. Es sind nicht nur die schönen, alten – privaten und öffentlichen – Gebäude, die eine ganz eigene Faszination auf die Besucher ausüben, sondern auch das gesamte Flair wirkt so, als sei die Zeit hier stehengeblieben.
Historischer Stadtkern
Die Anlage von Trzebiatów (Treptow an der Rega) ist recht einfach und übersichtlich. Fast zentral gibt es einen quadratischen Marktplatz, der von historischen Bürgerhäusern unterschiedlichster Stilrichtungen umgeben ist. Der Ort hatte im Zweiten Weltkrieg keine ganz so vernichtenden Bombardements zu erleiden wie viele andere. Vielleicht ist dies der Grund dafür, dass man sich mit dem Wiederaufbau und der Sanierung recht viel Zeit ließ – teilweise dauern die Arbeiten noch heute an.
Der Marktplatz wird beherrscht vom Rathaus mit dem charakteristischen Uhrenturm. Es stammt zwar von 1700, aber sein heutiges Aussehen ist das Ergebnis zahlreicher Umbaumaßnahmen. Ein weiterer nicht sakraler Bau ist das historische Schloss aus dem Jahr 1750. Es wurde damals jedoch nicht neu erreichtet, sondern ist lediglich aus einem bestehenden und nicht mehr benötigten Nonnenkloster entstanden. Wenn Trzebiatów (Treptow an der Rega) im Verlauf seiner wechselvollen Geschichte zeitweilig auch unter preußischer Herrschaft stand, wären letztlich die Bewohner auch recht gut ohne das Schloss ausgekommen – eine Herrscherresidenz war der Ort jedenfalls nie.
Seit der Stadtgründung im Jahr 1277 ging es stetig bergauf mit der kleinen Ortschaft. Zehn Jahre später erhielt die junge Stadt das Recht der freien Schifffahrt auf der Rega (was zu teilweise heftigen Auseinandersetzungen mit den weiter flussaufwärts liegenden Gemeinden führte) und überdies die Zollfreiheit in Pommern. Als Mitglied der Hanse trieb sie regen Handel mit auswärtigen Orten und gelangte so zu Ansehen und Reichtum. Demzufolge wurde eine solide Stadtbefestigung nötig, von der man heute noch Mauerreste sowie Teile des Grützturms sehen kann.
Meilenstein für die protestantische Kirchengeschichte
Ganz in der Nähe des Marktplatzes liegt die Kościół Macierzyństwa Najświętszej Marii Panny (Katholische Pfarrkirche zur Mutterschaft Mariens, kurz: Marienkirche) aus dem 14. Jahrhundert. Dabei handelt es sich um einen gotischen Backsteinbau, wie er in dieser Region häufig anzutreffen ist. Noch bis 1945 diente die Kirche den evangelischen Christen als Gotteshaus. Trzebiatów (Treptow an der Rega) darf man übrigens als die Wiege des Protestantismus in Pommern ansehen. Hier wirkte im 16. Jahrhundert Johannes Bugenhagen, ein Schüler Martin Luthers, dessen Lehren er nicht nur eifrig verbreitete, sondern sie auch mit seiner Bugenhagenschen Kirchenordnung in Pommern etablierte. Der Treptower Landtag beschloss zudem 1534 offiziell die Einführung der Reformation.
In der Marienkirche fällt das schlichte Interieur auf. Beachtlich ist aber der Turm, den man – gute Kondition und ein wenig Mut vorausgesetzt – ersteigen kann. Hier sind es vor allem die Glocken, die unbedingt Beachtung finden sollten: Die Maria-Glocke aus dem Jahr 1515 ist mit einem Gewicht von 7,2 Tonnen eine der schwersten in ganz Polen, während die Gabriel-Glocke aus dem 14. Jahrhundert zu den ältesten zählt. Hinzu kommt, dass sie beide einen sehr schönen Klang haben. Noch weiter oben darf der Besucher dann den phantastischen Rundblick genießen: Nach Norden zur nur wenige Kilometer entfernten Ostsee, im Süden über fruchtbare Felder hinweg.
Gryfice (Greifenberg)
Nicht nur die wenigen Kilometer bis zur Ostsee lassen etliche Besucher alljährlich nach Gryfice (Greifenberg) strömen, sondern auch die relativ kurze Entfernung zu den wunderschön gelegenen Großstädten Szczecin (Stettin) und Koszalin (Köslin) machte und macht das kleine Städtchen für Touristen und für Geschäftsleute gleichermaßen interessant.
Gryfice (Greifenberg) blickt auf eine zumindest aus heutiger Sicht kuriose
Entstehungsgeschichte zurück. Denn der damals regierende Greifenherzog Wartislaw III. stellte 1262 eine Stadturkunde aus für einen Ort, von dem lediglich ein paar Häuser existierten. Dafür überließ er dem künftigen Statthalter – zumindest den gab es bereits – ein Areal, auf dem er die eigentliche Stadtgründing betreiben sollte. Der warb daraufhin holländische, dänische und auch einige deutsche Siedler an und brachte es tatsächlich fertig, den neu geschaffenen Ort rasch zum Blühen zu bringen. Erst nach dem Tod des Stifters erhielt die Ortschaft den Namen Griphenberch, aus dem sich nach und nach die heutige deutsche Bezeichnung entwickelte.
Zum erwachenden Wohlstand trugen zwei Faktoren bei: der Beitritt zur Hanse und die Tatsache, dass man auf der Rega das Recht der freien Schifffahrt erhielt, was letztlich die Voraussetzung für den Handel auch über die Ostsee war. Leider musste man schon bald kräftige Dämpfer einstecken, weil das etwas weiter flussabwärts gelegene Treptow die Zollfreiheit auf der Rega besaß und von den südlich gelegenen Ortschaften saftige Abgaben für die Nutzung dieses Schifffahrtsweges kassierte. Mitte des 15. Jahrhunderts ging man dort sogar so weit, für alle diese Städte den Verkehr auf dem Fluss komplett zu sperren, was die Betroffenen allerdings nicht kampf- und klaglos hinnahmen.
Der Fortgang der Stadtgeschichte unterscheidet sich kaum von der anderer polnischer Städte: Verwüstungen durch Kriege und durch Brandkatastrophen, wechselnde Herrscher und nach 1945 schließlich die Zugehörigkeit zu Polen.
Mit etwa 17.000 Einwohnern ist die nostalgisch wirkende Kleinstadt recht überschaubar. Bezeichnend ist das schachbrettartig angelegte Straßensystem, das noch von der damals nicht wirklich gewachsenen Struktur zeugt. Zentral liegt der Marktplatz, der von schönen und gut restaurierten Bürgerhäusern aus dem 18. bis 20. Jahrhundert umgeben ist.
Das Schmalspurbahn-Museum in Gryfice (Greifenberg) begeistert kleine und große Kinder
Passend zum insgesamt sehr beschaulichen Flair von Gryfice (Greifenberg) gibt es hier ganz in der Nähe die Ständige Ausstellung der pommerschen Schmalspurbahnen, wobei der Name allerdings ein wenig täuscht. Denn hier findet man nicht nur pommersche Exponate, sondern auch solche aus dem übrigen Polen. Der Grund: Als man 1978 aus dem Warschauer Eisenbahnmuseum die Schmalspurbahnen ausgliederte, sortierte man sie schlicht und einfach nach der Spurbreite auf die insgesamt drei Standorte auf; die mit einer von 1000 Millimetern sieht man seither in Gryfive (Greifenberg). Verständlicherweise stellt dieses Museum einen wahren Publikumsmagneten dar.
Im Freigelände stehen verschiedene bestens restaurierte Loks und Waggons zur Besichtigung, während man sich in den Innenräumen anhand von Fotos und anderen Dokumenten ein Bild von der langen, erfolgreichen Geschichte der Schmalspurbahn machen kann. Und in den Sommermonaten gibt es sogar die Möglichkeit, eine beschauliche Tour mit einem der Nostalgiefahrzeuge zu unternehmen, die übrigens in einem ausgezeichneten Zustand sind.
Teile der alten Befestigungsanlage von Gryfice (Greifenberg) sind erhalten
Aber auch weitaus ältere Raritäten sind in Gryfice (Greifenberg) erhalten. So geben Fragmente der ehemaligen Stadtmauern, der Schießpulverturm und zwei Stadttore Aufschluss über die einstigen Bollwerke. Der größte Teil der Stadtmauern und -tore sowie die historischen Befestigungsanlagen aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts sind derzeit leider kaum noch sichtbar; allerdings will man sie jetzt nach und nach restaurieren.
Das im Norden gelegene Steintor, früher auch Mühlentor genannt, entstand bereits 1333. Nach heftigen Zerstörungen etwa 200 Jahre später baute man es wieder auf, fügte allerdings Elemente der Renaissance hinzu; so etwa die charakteristischen Simse und die aufgesetzten Spitzen. Entgegengesetzt, also am südlichen Rand der ehemaligen Stadtgrenze, liegt das Hohe Tor. Beim Wiederaufbau im 15. Jahrhundert – der ursprüngliche Bau hatte um 1300 stattgefunden – setzte man noch ein kleines, schmales Türmchen aufs Dach, was dem Tor den etwas irreführenden Namen gab. Auch bei dem Hohen Tor veränderte man im Laufe der Jahrhunderte das Aussehen dem gerade herrschenden Zeitgeschmack entsprechend. Dennoch ist es ein schönes Beispiel alter Baukunst.
Der Schießpulverturm liegt im Osten und ist noch sehr gut erhalten. Er besteht aus zwei gleich hohen, aber unterschiedlich breiten Zylindern aus roten Backsteinen, die man beim Bau im 15. Jahrhundert übereinandergestellt hat. Von den vielen Kämpfen, denen die Stadt ausgesetzt war, sind noch einige Einschusslöcher im Gemäuer zu sehen, die man ganz bewusst nicht geschlossen hat.
Nur wenige Sakralbauten haben sich in Gryfice (Greifenberg) erhalten
Die schöne Marienkirche von Gryfice (Greifenberg) ist ebenfalls ein Zeugnis gotischer Baukunst. Zwar ist das genaue Datum der Fertigstellung des Gotteshauses nicht bekannt, zumal es immer wieder ergänzt wurde und leider oft genug auch restauriert werden musste. Aber es gibt eine Gründungsurkunde aus dem Jahr 1262. Die beeindruckende Front und der mittig angebrachte Turm sind noch oder wieder in einem sehr guten Zustand. Überhaupt hat man in den allerlatzten Jahren eine grundlegende Fassadenrenovierung vorgenommen, die den Bau in einem strahlenden Licht zeigt.
Die Georgskapelle aus dem frühen 15. Jahrhundert war damals einem Krankenhaus angeschlossen und stand Personal wie auch Patienten und Angehörigen gleichermaßen offen. Heute ist es eine Friedhofskapelle mit einem schlichten Innenraum.
Naturschönheiten in Gryfice (Greifenberg)
Zwei natürlich gewachsene Parks im unmittelbaren Stadtkern sorgen nicht nur für ein besonders gutes Luftklima, sondern laden auch zum Spazieren und Erholen ein. Einer von beiden besteht vorwiegend aus Eschen, Linden und Pappeln – er wirkt dadurch also sehr licht und frisch. Dennoch finden sich hier auch riesige Gewächse mit Höhlen darin. Im anderen Park, ebenfalls an der Rega gelegen, wachsen hauptsächlich Buchen, Linden und Eichen, die ihm ein weitaus beachtlicheres Aussehen verleihen. Hier gibt es sogar eine Buche mit dem enormen Umfang von sieben ein halb Metern. Sie entstand dadurch, dass sich m Laufe der Zeit drei Stämme ineinander verschlungen haben.
Im Gegensatz zu den natürlich gewachsenen Parks entstand der Japanische Park durch Menschenhand, und zwar nach genauem Studium der Vorbilder (und der darin ruhenden Philosophie) in Fernost. Trotz einiger bewusst asymmetrischer Elemente strahlt er Beständigkeit sowie Eleganz, Harmonie und Leichtigkeit aus.
Mrzeżyno (Deep, auch Treptower Deep)
An der Mündung der Rega in die Ostsee liegt das kleine Dorf Mrzeżyno (Deep, auch Treptower Deep). Man darf es jedoch nicht verwechseln mit Regamünde, das die Treptower zur Sicherung ihrer Hoheitsrechte über die Flussschifffahrt im 15. Jahrhundert errichteten, das aber schon wenige Jahre später durch eine Sturmflut völlig zerstört wurde. Der heutige Badeort besticht durch schmucke Fischerhäuser und einen – wie fast überall an der polnischen Ostseeküste – traumhaften Strand, der zu ausgedehnten Spaziergängen einlädt.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die polnische Armee ein paar Kilometer östlich der Regamündung niedergelassen hat, weil dies offenbar ein strategisch vorteilhaftes Gebiet ist. Daher ist es unmöglich, die Wanderungen übermäßig weit in Richtung Osten auszudehnen. Die militärische Präsenz mag übrigens auch der Grund dafür sein, dass die Straße hier die Küstenregion verlässt.
Der bekannte Maler Lionel Feininger verbrachte mit seiner Familie viele Monate im Jahr in Mrzeżyno (Deep). In den USA, in die er 1937 zurückkehren musste, vermisste er diese ansprechende Region sehr.
Kołobrzeg (Kolberg)
Mit derzeit knapp 50.000 Einwohnern ist Kołobrzeg (Kolberg) eine der größeren Städte in unserem Ratgeber. Und eine der wohlhabendsten obendrein. Denn bereits aus dem Jahr 1000 gibt es die Erwähnung der Stadt als Salsa Cholbergiensis, was auf Salzfunde zu diesem schon so frühen Zeitpunkt hindeutet. Und das weiße Gold war als solches äußerst begehrt; überdies ermöglichte es den Bewohnern, von dem reichen Fischbestand in Ostsee und der Parseta (Persante) zu profitieren, da man die Fische durch das Salz bestens konservieren konnte. Bis ins 18. Jahrhundert hinein lebte man im damaligen Colberg sehr gut vom Salzhandel; dann allerdings drängte England auf den Markt und bot das kostbare Gut zu einem deutlich niedrigeren Preis an.
Die Anfänge des Kurbetriebs
Diese ehemals lukrative Einnahmequelle wich fast nahtlos einer anderen, nicht weniger lukrativen: dem Bäder- und Kurbetrieb. 1804 hatte der ehemalige Häftling Hans Heinrich von Held, ein preußischer Staatsdiener, dem man wegen kritischer Schriften eine zweijährige Festungshaft in Kolberg auferlegt hatte, seinen Aufenthalt dort freiwillig verlängert – als freier Mann versteht sich. Denn er hatte die wohltuende Wirkung des Salzes für das körperliche Befinden erkannt und schrieb ein entsprechendes Büchlein mit dem Titel: „Über das Meerbad bei Colberg und die beste und wohlfeilste Art sich desselben mit Nutzen zu bedienen“, was genau genommen nicht nur die erste Werbemaßnahme für den Ort war, sondern auch die Geburtsstunde des Kurbades darstellte.
Schon wenig später eröffneten findige Geschäftsleute die ersten Solebäder – an im Meer Plantschenden konnte man schließlich nichts verdienen. Außerdem waren diese Einrichtungen selbstverständlich für die verwöhnte Klientel weitaus angenehmer als ein Bad unter freiem Himmel bei womöglich widrigen Temperaturen. Seit Begin des 19. Jahrhunderts strömten mehr und mehr Besucher hierher, und zwar zum großen Teil aus medizinischen Gründen. Denn neben den heilsamen Solequellen und der sehr bekömmlichen jodhaltigen Seeluft entdeckte man schon bald auch die therapeutische Wirkung der Moore, die man daher ebenfalls nutzte.
Blitzschnell schossen Sanatorien, Kurkliniken und auch Hotels aus dem Boden, die heute noch (oder wieder) hinter dem Kurpark stehen. Selbstverständlich gibt es auch etliche prinzipiell Gesunde, die das Flair dieses angesagten Seebades genießen und hier einfach nur entspannen wollen. Für viele bedeutet es außerdem einen besonderen Reiz, neben dem Strandleben auch die Vorteile einer größeren Stadt genießen zu können – angesichts der generell weiteren Wege dort bevorzugen andere (so wie die Gäste unserer Villa del Mar in Niechorze, Horst) allerdings kleine Ortschaften.
Die Wirren besonders des Zweiten Weltkriegs und vor allem die desolaten Zerstörungen durch die Bombardements setzten dem Bäderbetrieb ein jähes Ende. Und man ließ sich mit den Wiederaufbaumaßnahmen reichlich Zeit. Erst 1975 beauftragte man einen Städtebauplaner mit den weiteren Aufgaben. Er entschloss sich zu einer eigenwilligen Maßnahme: Er ließ Kołobrzeg (Kolberg) so wieder aufbauen, als sei die Stadt ganz natürlich gewachsen – er stellte also Gebäude unterschiedlichster Stilrichtungen nebeneinander. Zugleich band er die noch weitgehend erhaltenen Häuser in der ursprünglichen Bauart mit in dieses Konzept ein.
Interessante Museen in Kołobrzeg (Kolberg)
Insgesamt beweist man in Kołobrzeg (Kolberg) viel Sinn für Traditionen. So zeigt das Museum für Stadtgeschichte im Braunschweigschen Haus aus dem 17. Jahrhundert in einer eigenen Abteilung Stücke aus der Zeit, da die Stadt noch Kolberg oder – noch früher – Colberg hieß. Zudem hat man im Jahr 2000 damit begonnen, deutsche wie auch jüdische Lapidarien einzurichten, also Grabsteine mit den jeweiligen Inschriften zusammenzutragen, um der im Laufe der Jahrhunderte dort Verstorbenen zu gedenken. Und gleichzeitig begehen Deutsche, Polen und Russen zusammen den 18. März 1945, den Tag, an dem die Stadt die schlimmsten Verwüstungen hinnehmen musste, an dem aber zugleich das Ende des NS-Regimes definitiv besiegelt wurde.
Ein weiteres Museum beschäftigt sich mit der Geschichte der polnischen Armee und mit historischen Waffen allgemein. Es ist unterteilt in einen Außen- und einen Innenbereich, wobei hier Exponate aus dem frühen Mittelalter bis hin zum Zweiten Weltkrieg ausgestellt sind – es gibt sogar eine deutsche Enigma. Draußen steht dann modernes und altes Kampfgerät – Hubschrauber, Panzer & Co. locken die Freunde von Militaria an.
Die imposante Marienkirche von Kołobrzeg (Kolberg) ist sehr bedeutsam
Das weitaus bedeutendste Gebäude in Kołobrzeg (Kolberg) ist ohne Zweifel die Kolegiata N. P. Marii (Kollegiatskirche St. Marien), eine fünfschiffige Kathedrale aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Die erste urkundliche Erwähnung fand sie 1327, allerdings begann der Bau bereits im Jahr 1300. Sie brannte nach erheblichen Bombardements im Zweiten Weltkrieg fast vollständig nieder, und man hat sie vollkommen originalgetreu rekonstruiert. Sogar die vier Stützpfeiler auf der rechten Seite sind ebenso schief wieder errichtet, wie sie schon einige Jahrzehnte nach dem Bau der Kathedrale waren. Der Grund: Unter dem Kirchenboden ist ein Friedhof angelegt, der im Laufe der Zeit immer weiter zusammengedrückt wurde. Man darf jedoch sicher sein, dass die neu eingezogenen Pfeiler trotz des ungewohnten Aussehens durchaus stabil sind.
Einige der wertvollen Kirchenschätze konnte der damalige Priester vor dem Untergang bewahren. Besonders kostbar ist das bronzene Taufbecken von 1355, das auf vier Löwenfiguren ruht und mit Reliefs verziert ist. Noch etwas früher datiert ist der vier Meter hohe Kandelaber im Südschiff; dieser siebenarmige Leuchter zählt zu den wenigen erhaltenen Stücken seiner Art überhaupt. Von 1523 stammt dagegen ein riesiger Kronleuchter, der im Mittelschiff von der Decke hängt und viele anspruchsvolle Verzierungen aufweist.
Das Äußere des Kolberger Doms ist ebenfalls ungewöhnlich. Der Bau im Stil der Backsteingotik ist zwar in der Region weit verbreitet, aber die ursprünglich zwei Türme wurden später zu einem einzigen zusammengemauert, was der Kirche ein trutziges Aussehen verleiht. Dieses 74 Meter hohe Gebilde war schon in früheren Zeiten bereits von weither sichtbar und diente den Schiffen als Orientierung. So war es auch in allen Seekarten verzeichnet.
Das prächtige Rathaus als lohnendes Besichtigungsobjekt
Das weltliche Pendant zu dem imposanten Gotteshaus von Kołobrzeg (Kolberg) stellt das Rathaus schräg gegenüber dar. Dabei handelt es sich um ein neugotisches Gebäude aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es ist hufeisenförmig angelegt, und zwar nach Plänen des Berliner Baumeisters Karl Friedrich Schinkel, die jedoch während der Bauzeit insofern modifiziert wurden, als noch Elemente des ursprünglichen Baus aus dem 14. Jahrhunderts einflossen. Auch das Rathaus ist aus Backsteinen gebaut, und die eckigen Türme wirken ein wenig festungsähnlich – auch wegen der zinnenartigen Verzierungen im oberen Bereich.
Das erholsame Kurzentrum
Trotz der beachtlichen Baudenkmäler, die Kołobrzeg (Kolberg) zu bieten hat, sollte man doch auch den herrlichen Strand und das schöne Kurviertel ansehen. Ein Bummel durch den Kurpark mit seinem uralten Baumbestand und weiter über die geschickt angelegte Kurpromenade führt schließlich zum Leuchtturm, ebenfalls aus roten Backsteinen, der bereits aus dem Jahr 1770 stammt. Nachdem ihn die Deutschen 1945 gesprengt hatten, bauten ihn die Russen wieder auf. Er ist heute das Wahrzeichen von Kołobrzeg (Kolberg) und steht auf den Überresten eines Forts, das einst den Hafen beschützen sollte. Hier in der Nähe ist auch die Seebrücke zu finden, mit 220 Metern nach der in Międzyzdroje (Misdroy) die zweitlängste Polens.
Dźwirzyno (Kolberger Deep)
Über eine Stichstraße südlich von Kolobrzeg (Kolberg) erreicht man das gerade mal zehn Kilometer entfernte 700-Seelen-Dorf Dźwirzyno (Kolberger Deep). Die Gegensätze könnten kaum krasser sein – die einzige Gemeinsamkeit beider Ortschaften besteht darin, dass hier wie dort reger Fremdenverkehr herrscht.
Immerhin besuchen jährlich um die 500 Badegäste den hübschen Ort, der malerisch zwischen der Ostsee und dem Jezioro Resko (Kamper See) liegt. Dabei handelt es sich um einen Binnensee mit einer Fläche von 10 Quadratkilometern. Dieses Gewässer ist ganz besonders interessant: Vor vielen Jahren war es nämlich kein Süßwassersee, sondern eine Ostseebucht. Im Laufe der Zeit haben heftige Stürme Sand und Schlamm an die Küste geschwemmt und so allmählich den jetzigen See abgetrennt. Er hat aber noch immer eine direkte Verbindung zum Meer, die übrigens dafür sorgt, dass bei erneuten Stürmen der Wasserstand des Jezioro Resko (Kamper See) um bis zu 1,5 Meter steigt. Denn – kurios genug – der See liegt unterhalb des Meeresspiegels.
Viele Vögel finden hier den geeigneten Nist- und auch Brutplatz. Der reiche Schilfbewuchs schützt sie vor neugierigen Blicken und natürlichen Feinden. In diesem Biotop leben beispielsweise Haubentaucher, Rohrdommeln und Kraniche.
Der Ort Dźwirzyno (Kolberger Deep) selbst hat eine Hauptstraße am Meer entlang und verfügt über verschiedene Pensionen und kleinere gastronomische Betriebe. Der Strand ist nicht ganz so strahlend hell und feinsandig, wie man es von den meisten anderen Orten der westpommerschen Ostseeküste kennt. Vielmehr gibt es mit Kiefern bewachsene Dünen – die Bepflanzung nahm man vor, um die weitere Wanderung der Dünen in Richtung des Ortes aufzuhalten. Zwischen den auch vorhandenen Sandabschnitten findet man immer wieder auch welche mit Kies.
Den malerischen Hafen von Dźwirzyno (Kolberger Deep) können Segelboote mit einem Tiefgang von bis zu einem Meter anlaufen.
Auf dem Weg von Kolobrzeg (Kolberg) nach Dźwirzyno (Kolberger Deep) passiert man übrigens noch den kleinen Ort Grzybowo (Gribow). Auch hier lebt man vorwiegend vom Fremdenverkehr, und es gibt entsprechend viele Pensionen, Ferienwohnungen und Cafés. Hier hat sich ganz besonders der Fahrradtourismus entwickelt. Auch für Durchreisende lohnt sich ein längerer Stopp, um die nähere Umgebung mit dem (gemieteten) Drahtesel zu erkunden.
Koszalin (Köslin)
Die ehemals traumhafte Lage mit direktem Zugang zur Ostsee wurde der Stadt Koszalin (Köslin) letztlich zum Verhängnis. Denn die ständigen Strömungen in Verbindung mit teilweise heftigen Stürmen führten dazu, dass der Fluss Dzierzecinka (Mühlenbach), der von der Stadt zur Ostsee führt, mehr und mehr versandete und schließlich nicht mehr für die größeren Schiffe passierbar war.
Die ehemalige Position als bedeutendes Wirtschaftszentrum besteht auch heute
Dabei hatte sich das 1214 erstmals urkundlich erwähnte Dorf Cossalitz ursprünglich so schnell entwickelt, dass es schon wenig später die Stadtrechte erhielt und zu einem angesehenen Mitglied der Hanse wurde. Dieser Handelszusammenschluss verlor jedoch allmählich an Bedeutung. Hinzu kamen ganz enorme Zerstörungen im und sogar noch nach dem 30-jährigen Krieg. Hatte man sich davon auch noch erholt und die Stadt im ursprünglichen Stil wieder aufgebaut, versetzte der Zweite Weltkrieg dem ehemals zauberhaft schönen Köslin den Gnadenstoß.
Die politische Entwicklung nach 1945 brachte es bekanntlich mit sich, dass jetzt das gesamte ehemalige Hinterpommern an Polen fiel. Wenn man auch in sehr vielen anderen Städten den Wiederaufbau ganz im ursprünglichen Sinn gestaltete, verlegte man sich in Koszalin (Köslin) darauf, die Stadt zu einem Wirtschafts- und Industriezentrum zu machen. Und überraschend genug: Das gelang ausgezeichnet! Schon bald gab es hier hoch entwickelte Elektrobetriebe, auch die Papierherstellung, der Bau von Landmaschinen und der von Bereichen der Flugtechnik siedelten sich in Koszalin (Köslin) an und sind immer noch präsent. Und entsprechend musste man die gesamte Infrastruktur diesen Bedürfnissen anpassen. Riesige Straßen durchqueren die Stadt, und die ohnehin in Trümmern liegenden Wohnhäuser ersetzte man kurzerhand durch riesige Plattenbausiedlungen – aus Kosten- und Zeitgründen.
Dennoch lohnt ein Besuch in Koszalin (Köslin), und das nicht nur wegen des nur wenige Kilometer entfernt am Meer liegenden Badeorts Mielno (Großmöllen). Nein, auch die rege Großstadt selbst hat einiges zu bieten: in kultureller Hinsicht wie auch wegen der vielen Park- und Gartenanlagen. Denn fast 40% des gesamten Stadtgebietes sind grün: Wälder, Parks und Erholungsregionen lassen das brodelnde Leben hier fast in Vergessenheit geraten. Und im Park der Pommernherzöge, in dem man noch Überreste der alten Stadtbefestigung aus dem späten 13. Jahrhundert sieht, gibt es sogar einen 300 Jahre alten Berg-Ahorn, der aus ursprünglich vier Bäumen zusammengewachsen ist und äußerst imposant aussieht.
Neben dem Orgelfestival in der Marienkirche gibt es noch zahlreiche weitere kulturelle Highlights in Koszalin (Köslin). Die Philharmonie etwa genießt einen ausgezeichneten Ruf – genau wie auch das Baltische Dramatische Theater oder die zahlreichen Galerien. Daneben findet das alljährliche Hanse Jazz Festival immer begeisterte Zuhörer. Aber auch das Wasserfest oder im Mai das Stadtfest sollte man sich nicht entgehen lassen.
Schöne sakrale Bauwerke in Koszalin (Köslin) blieben fast unbeschädigt
Aber es gibt auch einzelne Bauwerke, denen all die Kriege wie durch ein Wunder nichts anhaben konnten. Da ist in allererster Linie die Marienkirche. Sie stammt aus dem frühen 14. Jahrhundert und ist als dreischiffige Basilika angelegt. Wie man es so häufig in dieser Region sieht, ist auch dieses Gotteshaus aus roten Backsteinen errichtet. Der Turm ist vorne mittig angebracht und ragt 57 Meter hoch. Dahinter fällt das Kirchendach in zwei Stufen ab. Obwohl die Marienkirche ganz eindeutig der Gotik zuzurechnen ist, lässt sie doch – zumindest von außen – das Lichte, hoch Aufstrebende vermissen.
Im Inneren fällt das Sternengewölbe auf, das sich über dem Mittelschiff hinzieht. Ein Kruzifix aus dem 14. Jahrhundert und ein sogar noch früher datiertes Taufbecken aus Kalkstein zählen zu den Highlights der Marienkirche. Hinzu kommen einige riesige holzgeschnitzte Heiligenfiguren: Vier davon, nämlich die Gottesmutter, der Evangelist Johannes sowie die beiden Bischöfe Adalbert von Prag und Otto von Bamberg, stehen jetzt im Chor. In den Sommermonaten ist die Kirche zudem Schauplatz hochrangier Konzerte anlässlich des Festivals für Orgel- und Vokalmusik. Denn die Orgel aus dem Jahr 1899 ist mit ihren 50 Registern ein weithin bekanntes Instrument.
Ganz in der Nähe liegt die Gertrudenkapelle, in der heute die Protestanten ihre Gottesdienste abhalten. Interessant ist dabei der Grundriss: Auf einem achteckigen Fundament erhebt sich die sehenswerte Kapelle von1383, die also aus der Gotik stammt.
Die Jamno-Kultur in und um Koszalin (Köslin) hat sich teilweise erhalten
Das Bezirksmuseum in Koszalin (Köslin) mit dem angegliederten Freigelände ist zwar als Gebäude weniger interessant. Dafür geben aber die Exponate einen hervorragenden Einblick in die Stadtgeschichte. Darüber hinaus findet man hier seltene archäologische Ausgrabungsstücke. Im Freilichtmuseum steht eine Fischerkate, an der man sehr gut die Charakteristika der so genannten Jamno-Kultur studieren kann. Dieser Begriff entstand für ein sehr begrenztes Gebiet rund um den Jezioro Jamno (Jamund-See) und bezeichnet die ganz spezielle Art des bäuerlichen Lebens dort. Bezeichnend für den Baustil ist ein Hof, der rundum von Wirtschaftsgebäuden umgeben ist. Ein sehr schmaler Eingang für die Personen und eine breite Pforte für Gefährte sind ebenfalls typisch dafür. Weiteren Aufschluss über die Jamno-Kultur geben Handwerksgegenstände, Kleidungstücke und Küchengerät im Bezirksmuseum.
Mielno (Großmöllen), der Badeort vor den Toren von Koszalin (Köslin)
In der Nähe des kleinen Badeortes Mielno (Großmöllen), nur wenige Kilometer von Koszalin (Köslin) entfernt, gibt es reale Beispiele für die Jamno-Kultur. Sie konnte sich über die Jahrhunderte hinweg speziell im gleichnamigen Ort erhalten und wird jetzt wegen ihrer Seltenheit geradezu kultiviert.
Aber ethnologische Studien sind es ganz gewiss nicht, die alljährlich Scharen von Touristen nach Mielno (Großmöllen) locken. Vielmehr wollen sie alle das Strandleben genießen, wozu der wunderbare feine Sand auch ausreichend Gelegenheit bietet. Dazu kommen die beeindruckenden, fröhlich angemalten Wellenbrecher, die das wertvolle Land vor dem Meer schützen sollen. Spaziergänge am Strand oder über die schöne Promenade, ein Bummel durch den Ort mit seinen zahlreichen Cafés und Bistros sowie den bunten Verkaufsständen und kleinen Geschäften sind ebenso erholsam wie der Besuch der Kureinrichtungen und des
Thermalbades mit Meerwasser.
Auf dem Jezioro Jamno (Jamund-See), einem großen Binnensee in unmittelbarer Nähe, hat sich ein wahres Eldorado für Wassersportler ausgeprägt: Segel-, Paddel- und Ruderboote findet man hier in großer Zahl, und man kann sie auch günstig ausleihen. Von diesen motorlosen Gefährten scheinen sich die vielen Wasservögel keineswegs stören zu lassen – sie brüten und nisten im dichten Schilf.
Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg war Mielno (Großmöllen) ein beliebter Badeort; speziell die Einwohner des damaligen Köslin nutzten die geringe Entfernung, die man seinerzeit mit der Straßenbahn zurücklegte. Heute verkehren Linien- und Kleinbusse.